… Kinderbetreuung und was sie uns wert ist.
«Die Stadt Zürich will Kita-Löhne subventionieren», titelte die NZZ Anfang Juli. Das Kita-System in Zürich solle endlich auf Vordermann gebracht werden. Links-Grün hat bereits zugestimmt.
Was bedeutet solch eine Subvention für private Kitas konkret? Dass endlich (!) nicht marktkonforme, sondern höhere Löhne bezahlt werden können. Löhne, die der Verantwortung entsprechen, welche Kinderbetreuer:innen haben – und damit einhergehend eine erhöhte Wertschätzung für diesen so wichtigen Beruf.
Einige halten dagegen: «Viele Kitas sind defizitär, die sollen nicht künstlich am Leben erhalten werden».
Stimmen aus dem Lager der Liberalen klingen anders: Sie wollen nicht, dass sich der Staat in die Lohnwirtschaft privater Firmen einmischt. Einig sind sich die Parteien im Wunsch, ein gutes Kita-Wesen zu gewährleisten. Dies kostet jedoch mehr als das, was man bis jetzt zu zahlen bereit war.
Deshalb haben viele Kitas auf Auszubildende und Praktikant:innen gesetzt, damit man wenigstens einigermassen kostendeckend wirtschaften kann. Ohne dieses noch nicht entsprechend qualifizierte Personal wären die Kita-Plätze für viele Eltern schlicht zu teuer.
«Kinderbetreuung ist nicht nur ein bizzeli spielen!»
– Mirjam Stauffacher-Jutzi, Leiterin Kinderbetreuung, Tadah
Fakt ist: Kinderbetreuer:innen verdienen hierzulande im Vergleich zu anderen Berufen relativ wenig.
Die anspruchsvolle Aufgabe, nicht nur auf Babys und Kleinkinder aufzupassen, sondern sie entsprechend zu fördern, zu bilden, zu erziehen und ihnen zu helfen, sich weiterzuentwickeln, wird im Schnitt mit einem durchschnittlichen Jahreslohn von 56’525 Fanken brutto vergütet. Also einem monatlichen Gehalt von rund 4’710 Franken.
Vier Gründe für diese vergleichsweise niedrigen Löhne:
1—Der Kostendruck auf die Kitas ist enorm
Eltern sind nicht bereit, (noch) höhere Betreuungskosten zu zahlen. Die Kosten für die Eltern müssen also niedrig gehalten werden. Dies wirkt sich direkt auf die Gehälter der Kita-Angestellten aus.
2—Die Wertschätzung des Berufs ist in der Gesellschaft eher gering
Trotz der wichtigen Rolle, welche die Kinderbetreuer:innen in der frühkindlichen Bildung und Entwicklung spielen. Die Arbeit wird gesellschaftlich schlicht nicht genug wertgeschätzt.
3—Der Beruf wird nach wie vor vor allem von Frauen ausgeübt
Frauenberufe gehen historisch oft mit niedrigen Löhnen einher.
4—Begrenzte Aufstiegsmöglichkeiten
Die Möglichkeiten, Karriere in einer Kita zu machen, sind begrenzt. Ein zusätzlicher Punkt, der sich negativ auf den Lohn auswirkt.
Der Branche laufen die Mitarbeiter:innen davon.
Gutes Personal zu finden, ist in der Branche schwierig. Es hat zu wenig. Die Rahmenbedingungen sind so schlecht, dass viele nach der Ausbildung schon gar nicht erst in den Beruf einsteigen wollen.
Das weiss niemand besser als der Verband Kinderbetreuung Schweiz (kibesuisse). Die Verantwortlichen haben Lohnempfehlungen herausgegeben, die höher liegen als die aktuellen Gehälter. Es soll erstens die Attraktivität des Berufs gesteigert und zweitens qualifiziertes Personal gewonnen werden. Um diese hehren Ziele zu erreichen, müssen die Löhne zwingend angepasst werden. Mit erfahreneren Fachkräften, die besser verdienen und zu besseren Rahmenbedingungen arbeiten, wird auch die Qualität der Kinderbetreuung verbessert. Kurz: Der Beruf wird gesellschaftlich aufgewertet. Dies zum Wohle der Angestellten, aber natürlich auch der betreuten Kinder.
«Die Löhne müssen zwingend angepasst werden. Aber viele, ganz besonders die kleineren, familiären Kitas, können die Mehrkosten nicht tragen. Und einen Einheitsbrei aus immer denselben Kita-Ketten möchte doch auch niemand!»
Mirjam Stauffacher-Jutzi, Leiterin Kinderbetreuung, Tadah
Mirjam weiter: «Klar steht die Frage im Raum, was die Stadt an Auflagen für die subventionierten privaten Kitas haben wird. Aber ich denke, das werden Richtlinien sein, die die Kitas eh schon befolgen.»
Wie weiter?
Weder die verbesserten Rahmenbedingungen – wie qualitativ hochstehende Betreuungsarbeit mit qualifizierterem Personal – noch bessere Angestelltenbedingungen – wie beispielsweise höhere Löhne – können die Kitas allein stemmen. Die Stadt will helfen – mit Millionen.
Ob es am Ende sinnvoll ist, wenn der Staat Kitas subventionieren soll und die Bedingungen privater Kitas jenen der staatlichen anpasst, ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Ein Hauptargument dafür ist sicherlich die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wird die Kita erschwinglicher, werden vor allem Frauen mehr arbeiten. Und das wiederum hat nicht nur positive Auswirkungen auf den Arbeitskräftemangel, sondern vor allem auch auf die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen – und deren Altersvorsorge.
«Der Vorstoss klingt auf den ersten Blick fast zu schön, um wahr zu sein. Aber auf diese Skepsis stossen wir von Tadah mit unserem flexiblen Konzept der Kinderbetreuung auch immer wieder», so Mirjam Stauffacher-Jutzi. «Es gibt noch viel zu tun in der Branche. Aber Fakt ist: Unsere Gesellschaft braucht Kinderbetreuung. Und wir können dafür sorgen, dass sie so professionell wie möglich ist. Und entsprechend Wertschätzung erfährt.»
Hier lest Ihr mehr darüber, wie Kinderbetreeung neu gedacht werden sollte.