Die «Gratis-Ressource Frau».

So sehr wir uns als Working Moms auch anstrengen, fühlen wir uns oft als Versagerinnen: Wir sollen gleichzeitig liebevolle Versorgerin, toughe Business Woman, willige «Mom I’d like to fuck» sein. Und noch viel mehr. Dass unter diesen Anforderungen unser Wohlbefinden leidet, ist kein Wunder. Doch woher kommen diese Erwartungen, aufgrund derer wir uns dauermies fühlen, und wie werden wir sie los?

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit unserer Partnerin

Unrealistische Ansprüche im real mom life

Mutterschaft mit Erwerbsarbeit zu vereinbaren, treibt Frauen in unserem Wirtschaftssystem oft in die Erschöpfung. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) belegt: In den sieben Jahren nach der Geburt eines Kindes verschlechtert sich das mentale Wohlbefinden eines Drittels aller Mütter deutlich. Das Unwohlsein der befragten Mütter äussert sich in mentalem Stress, stressbedingtem und sozialem Rückzug, depressiven Verstimmungen und Angstgefühlen. Doch woher kommt das?

 

Kabarettist Florian Schroeder brachte es bereits 2016 in der «NDR Talk Show» auf den Punkt: Frau muss heute topmodelmager-schlank, selbstbewusst, emanzipiert, feministisch organisiert, gut drauf, Hure, Liebhaberin, beste Freundin, Mutter und alles auf einmal sein. Und während sie Karriere macht, muss sie gleichzeitig zu Hause bleiben. Und wenn sie zu Hause ist, muss sie gleichzeitig Karriere machen. Und den Stress, den sie hat, den darf man niemals spüren. Das Video seiner Analyse ging viral.

 

Die Politologin Katharina Debus spricht von einer „Allzuständigkeit‟, mit der sie die Anforderungen an Mädchen und junge Frauen beschreibt. Frauen sollen heute in so vielen Bereichen wie niemals zuvor erfolgreich sein. Die unrealistischen Ansprüche sind unter anderem geprägt von gesellschaftlichen Normen, die Jahrzehnte in einem patriarchalischen System gewachsen sind, der Zunahme traditioneller Bilder der Familie als «sicherer Hafen» und der Angst davor, was andere über uns denken. Auch sind sie Ergebnis von Mama-Klischees und Stereotypen, die in den Medien oder sozialen Netzwerken gefeiert werden. Ihre Augenringe aus dem echten Leben zeigen Insta-Moms meist nicht. Die Gesellschaft will Superheld*innen, keine echten Menschen.

«Die «Gratis-Ressource Frau» ist eine Basis der Wirtschaft.» —Margarete Stokowski

«Klischees und Stereotypen befeuern den Glaubenssatz: «Ich genüge nicht.»

Das macht uns unsicher. Was machen wir falsch? Die anderen scheinen es ja alle hinzukriegen. Der Zweifel an uns selbst bringt uns dazu, noch mehr zu machen, uns noch mehr aufzuhalsen, um endlich irgendwann einmal zu genügen…

 

Dass wir uns als Mütter verausgaben, kommt allerdings der Wirtschaft zugute, wie die Publizistin Franziska Schutzbach im Interview mit Edition F feststellt: Würden die von Frauen geleisteten Millionen Stunden Care-Arbeit angemessen bezahlt werden, wären kapitalistische Wirtschaftssysteme nicht so profitabel. Es gibt also ein ökonomisches Interesse daran, die Idee von der fürsorglichen und gebenden Frau aufrechtzuerhalten.

 

«Die «Gratis-Ressource Frau» ist eine Basis der Wirtschaft.»

Damit sich bezüglich dieser Ausbeutung etwas ändert, müssen wir erst einmal realisieren, dass die Verfügbarkeitsansprüche an Frauen unerträglich und ausbeuterisch sind. Wie das gelingen kann? Indem wir darüber sprechen.

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Tadah Tipp: Ein Weg aus der Erschöpfung: Der Austausch mit anderen. Und diese Lektüre.

In ihrem Buch «Das Unwohlsein der modernen Mutter» beschreibt Mareice Kaiser, wie es sich anfühlt, dem Bild der Karrierefrau-MILF-Mama hinterher zu jagen.

«Es tut mir leid, ich schaffe gerade gar nichts, ausser überleben.»

Beim Lesen passiert etwas Heilendes: der Austausch mit einer, die Ähnliches erfährt oder ähnliche Ängste und Bedenken erlebt. Wenn wir Gespräche über Probleme und Symptome wie Stress, Angst und Minderwertigkeitsgefühle führen können, ist das ein wichtiger Hebel gegen das Ausbrennen. Sich Menschen anzuvertrauen, die mit ähnlichen inneren und äusseren Problemlagen vertraut sind, die ebenfalls auf der Suche nach Lösungen und Handlungsmöglichkeiten sind, kann sehr heilsam sein. Diese Art Nähe mobilisiert gute Gefühle und Kraft. I feel you.

 

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Und jetzt? Her mit der Revolution. 

Unser Unwohlsein muss zum Thema werden. Wir dürfen Forderungen stellen, um neue politische Programme anzustossen. Denn es braucht eine grundlegende Veränderung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Es fehlt Müttern an Zeit und Geld für ihre wichtige Arbeit. Ein möglicher, revolutionärer Weg aus der Erschöpfung wäre: allen Menschen die Zeit zur Verfügung zu stellen, die sie für Care-Arbeit tatsächlich brauchen. Dafür müssen Gewinne umverteilt werden. Erst eine Revolution im System kann den Mamas in Zukunft den Druck nehmen, alles allein schaffen zu müssen.

 

Bis es so weit ist, dürfen wir uns vom Zwang, eine «All-in-1-Mom» sein zu müssen, lösen. Wir dürfen selbstbewusst unser Ding machen. Jede Mutter gibt jeden Tag auf ihre individuelle Weise das Beste. Das für sich selbst sowie andere Eltern anzuerkennen, kann uns dabei helfen, in erster Linie uns selbst und unseren Kindern zu genügen.

Dem Thema Erholung ist auch der Event «Unlocking innen power» von She’s Mercedes gewidmet, wo auch unsere Interview-Partnerin Harriet Beveridge spricht. Der Anlass findet am 4. Oktober im Park Hyatt in Zürich statt. Hier könnt Ihr euch anmelden.

 

She’s Mercedes ist eine Plattform, die Frauen in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung stärkt. Die Initiative von Mercedes-Benz bietet Inspiration, Events und Austausch rund um Karriere, Lifestyle und Innovation. Gemeinsam lernen wir von anderen Frauen, tauschen uns mit Gleichgesinnten aus, folgen inspirierenden Vorbildern und unterstützen uns. She’s Mercedes