Zahlen & Zitate: Die Schweiz ist Europas Schlusslicht in Sachen Elternzeit.

16 Wochen

Familie ist nicht Frauensache, sondern eben Familiensache. Um dies entsprechend zu etablieren, braucht es Männner in Teilzeitfunktionen. Und ein System, das es Familien erlaubt, auch mal in andere Rollen zu schlüpfen, anderes auszuprobieren. Elternzeit kann hierbei helfen. Muss sie auch?

Die Schweiz kennt keine gesetzlich bezahlte Elternzeit. Abgesehen von 14 Wochen Mutterschaftsurlaub und zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Gemäss eidgenössischem Forschungsbericht von 2018 sind wir damit in Sachen Elternzeit das Schlusslicht in Europa. Dieser Fakt brachte uns ein Jahr später unter anderem in einer UNICEF Studie auch den letzten Platz auf der Rangliste der familienfreundlichsten Länder Europas ein. 

Autsch oder egal?
Ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger als unser Platz auf der Family-Rangliste Europas ist, dass wir unser Familienleben so leben können, wie wir möchten. Selbstbestimmt, ohne dass uns die Wirtschaft, die Gesellschaft, also «das System» etwas aufzwingt – ob wir nun zu 100% daheim bleiben, zu 100% arbeiten gehen oder irgendwas dazwischen als optimale Lösung ansehen. 

Damit wir obenstehende Entscheidungen selbstbestimmt treffen können, braucht es gewisse Rahmenbedingungen. 

Den Hebel können wir privat, politisch oder wirtschaftlich ansetzen.

1

—Privat: Wähle Deine:n Partner:in weise. Wenn Du vereinbarend leben möchtest, muss Dein:e Partner:in ebenfalls in die Hosen steigen daheim. Führe dieses Gespräch am besten BEVOR ihr eine Familie gründet. 

2

—Wirtschaftlich: Wähle Deine:n Arbeitgeber:in nach entsprechenden Vereinbarkeitsleistungen aus. Unternehmen, die keinerlei Rollenmodelle (Jobsharing auf Führungsstufe, Teilzeitkarrieren etc.) vorweisen, begünstigen diese wohl auch nicht. 

3

—Politisch: Wähle diejenigen Personen in politische Ämter, welche für Themen wie Vereinbarkeit einstehen und entsprechende politische Vorstösse machen. 

4

—Wirtschaftlich: Setze den Hebel bei Deiner eigenen Arbeitgeberin oder Arbeitgeber an. Wer ist für D&I und damit für bessere Vereinbarkeit zuständig? Verlange eine Liste aller Vereinbarkeitsmassnahmen der Firma und suche das Gespräch, wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Viele Massnahmen (familienfreundlich getextete Stellenanzeigen, familienfreundliche Sitzungskultur etc.) sind übrigens kostenlos, also ein No-Brainer. 

Elternzeit in Wochen

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«In anderen Ländern ist zwar mehr Elternzeit möglich, aber die Eltern zahlen einen hohen Preis für diese Möglichkeit der Gleichstellung.»

Viel wichtiger als ein besserer Ranglistenplatz ist deshalb die ehrliche Auseinandersetzung mit der Frage: Wie wollen wir hierzulande ermöglichen, dass Familiengründung nicht zu einer Zerreissprobe wird, weder organisatorisch noch finanziell? Was brauchen Eltern in der Schweiz, damit sie nach der Geburt eines Kindes andere Rollenmuster ausprobieren können, um die für ihr System beste Lösung zu finden?
Welches System eine Familie leben will, das ist ihr selber überlassen. Yep: selber!

Ob traditionelle Rollenverteilung oder komplette Gleichstellung: Hauptsache, selbstbestimmt gewählt und nicht durch äussere Umstände auferzwungen. Denn Selbstbestimmtheit im Elternsein wirkt sich in so vieler Hinsicht positiv aus – auf die Grundstimmung, Resilienz, Motivation und last but not least auf die Kinder.»  

Anja Knabenhans
Chief Content bei  Any Working Mom